v.l.: Vorstandsmitglieder Gerald Mennen, Luise Hartwig, Manfred Schmidt

Anfänge, Entwicklungen, Aussichten: OUTLAW.die Stiftung bedankt sich bei langjährigen Vorstandsmitgliedern

Drei Vorstandsmitglieder werden zur nächsten Stiftungsratssitzung von OUTLAW.die Stiftung Ende November aus dem Vorstand verabschiedet: Professorin Dr. Luise Hartwig, Gerald Mennen sowie Manfred Schmidt haben die Stiftungsarbeit langjährig geprägt, über Jahrzehnte hinweg maßgeblich zur Förderung sozialer Projekte beigetragen, mit unermüdlichem Engagement Meilensteine gesetzt, Herausforderungen gemeistert und die wesentlichen Bausteine für Outlaw als heutigen Träger gelegt. Gemeinsam blicken die drei Vorstandsmitglieder auf Meilensteine, prägende Momente und bewegende Erfahrungen zurück und zeichnen dabei nach, wie sich Outlaw als Träger der Kinder- und Jugendhilfe entwickelt hat.

Frau Hartwig, Sie waren als Sprecherin des Stiftungsrats von OUTLAW.die Stiftung und darüber hinaus als Professorin am Fachbereich Sozialwesen der Fachhochschule Münster tätig. Wie sind Sie zur Stiftungsarbeit gekommen und was hat Sie motiviert?

Luise Hartwig: Ganz zu Anfang, 1987, war ich im Gründungsvorstand des Outlaw e.V. Ich erfuhr von einem sozialpädagogischen Projekt – einem Schiffsprojekt – welches aufgrund fehlender Finanzierungen aufgelöst werden sollte. Nun wurde ein neuer Träger gesucht. Das klang nach einer Herausforderung, aber mein Interesse war geweckt. Obwohl ich mit der Schiffsfahrt bis dahin nicht viel am Hut hatte, begeisterte mich diese ungewöhnliche Idee als Alternative zur Heimerziehung. Darüber wollte ich unbedingt mehr erfahren.

Herr Mennen, Sie arbeiteten lange Zeit ehrenamtlich, später als hauptamtlicher geschäftsführender Vorstand. Wie sind Sie auf Outlaw aufmerksam geworden?

Gerald Mennen: Meine Verbindung zu Outlaw war eine etwas andere. Ich bin in den Jahren 1979 und 1980 gemeinsam mit Jugendlichen auf dem Schiff „Outlaw“ zur See gefahren – davon leitet sich auch der heutige Name des Trägers ab. Für einige dieser Jugendlichen war die Schiffsfahrt eine Alternative zur geschlossenen Unterbringung oder sogar zum Jugendgefängnis. Dieses Alternativangebot hat mich als junger Sozialarbeiter motiviert.

Sie haben dann beruflich aber erst einmal einen anderen Weg eingeschlagen.   

Das stimmt. Ich bin in den Lehrerberuf eingestiegen und habe Erzieher:innen und Heilpädagog:innen ausgebildet. Irgendwann sprach mich in der Schule jemand auf das Schiffsprojekt an und fragte mich, ob ich nicht Lust hätte, wieder einzusteigen. So kam ich im Jahr 1988 zur Outlaw e.V. Zu diesem Zeitpunkt war schon Christian Schrapper, der später lange unser erster Vorsitzender war, an Bord.

Die Schiffsfahrt wurde wieder ein Teil Ihrer Arbeit. Wie kam es dazu?

Ja, das stimmt. Ursprünglich war der Gedanke, dass wir „die Outlaw“ übernehmen. Aber das war ein Fass ohne Boden, sodass wir uns dagegen entschieden. Also gründeten wir eine Wohngruppe und stellten drei Sozialarbeiter:innen ein. Erst später fingen wir wieder an Schiffe zu chartern und gemeinsam mit den Jugendlichen aufs offene Meer aufzubrechen.

Herr Schmidt, Sie kamen später zu Outlaw. Was ist Ihnen besonders aus der Anfangszeit in Erinnerung geblieben?

Manfred Schmidt: Ich bin der Youngster, ganz klar. Ich bin 1997 zum Outlaw e.V. dazugestoßen, als bereits sehr viel an Kernarbeit erledigt war. Der erste Jahresabschluss ist mir sehr gut in Erinnerung geblieben. Damals hatten wir 71 Mitarbeitende – dann ging es steil bergauf und heute sind über 2.200 Menschen bei Outlaw tätig. Nun bin ich seit 27 Jahren Mitglied.

„Wir finden den Weg. Gemeinsam“ – war das damals schon ihr Leitspruch?

Gerald Mennen: Definitiv. Denn ich möchte betonen, dass unsere „Kern-DNA“ in den Hilfen zur Erziehung liegt und der Suche nach neuen Wegen, um Kindern und Jugendlichen eine vernünftige Zukunft zu ermöglichen. Die Menschen, die bei Outlaw gearbeitet haben, waren wirklich mit viel Herz dabei. Gemeinsam wollten wir uns um diejenigen kümmern, die Bedarfe haben. Das stand stets im Fokus.

Herr Schmidt erwähnte bereits das rasante Wachstum. Mussten Sie sich neu aufstellen – auch inhaltlich?

Gerald Mennen: In Hinblick auf Qualität, Orientierung und pädagogische Ausrichtung benötigten wir auch ein inneres Wachstum. Das hat bei der Stiftungsgründung dazu geführt, dass wir einen neuen Schwerpunkt festgelegt haben, nämlich die Kinderrechte. Diesem Thema haben wir uns intensiv gewidmet, in Form von Kongressen, Publikationen, Konzepten und Projekten.

Wie haben Sie das zeitlich alles umsetzen können? Sie waren doch noch in ihren Jobs außerhalb der Stiftung tätig.

Manfred Schmidt: Das ist richtig. Glücklicherweise war Gerald zu dem Zeitpunkt schon als hauptamtlicher Geschäftsführer der Stiftung tätig und hat sich mit viel Engagement um organisatorische Dinge, der Begleitung der gGmbH und um Spendengelder gekümmert.

Ist die Gründung bzw. die Gründungsphase für Sie der erste wesentliche Meilenstein?

Luise Hartwig: Definitiv, der erste Meilenstein ist die Vereinsgründung, sonst gäbe es Outlaw nicht. Dass sich Leute gefunden haben, die gesagt haben: Das machen wir!

Gerald Mennen: Wir wollten alle gute Kinder- und Jugendhilfe machen, das hat uns vereint. Wir hatten Wohngruppen, ein Schiff auf dem Weltmeer, aber haben uns dennoch monatlich die Frage gestellt, wie wir die Gehälter bezahlen wollen. Wir hatten kein Polster. Also wenn wir über Krisen, insbesondere finanzielle Krisen bei Outlaw sprechen, sind wir sehr stark geprägt worden. Dieser Zusammenhalt und die Bewältigung dieser Herausforderungen waren definitiv Meilensteine.

Luise Hartwig: Ja, das hat uns zusammengeschweißt. Wir wussten, wir tun das richtige. Eine wichtige Etappe war für mich außerdem die Gründung des Mädchenhaus mia in Münster. Da haben wir so gekämpft. Ich war im vorigen Jahr nochmal da und habe mit den jungen Frauen gesprochen. Es hat sich viel getan, viel Positives.

Manfred Schmidt: Als weiteren Meilenstein würde ich das Wachstum in Leipzig, Dresden und auch Neuruppin nennen wollen. Dort haben wir rasch Kita- bzw. HzE-Angebote etabliert.

Luise Hartwig: Wir dürfen den Vollzug des Generationenwechsels nicht vergessen. Die Gründer:innen-Generation verabschiedet sich und ein jüngerer, engagierter Vorstand wird die Arbeit in die Hand nehmen.

Wie ordnen Sie diese Entwicklungen mit Blick auf die aktuellen Herausforderungen innerhalb der Sozialen Arbeit ein?

Manfred Schmidt: Ich denke, die Geschäftsführung steht vor herausfordernden Aufgaben und hat es bestimmt nicht immer leicht. Die Organisationsentwicklung muss unter sehr erschwerten Rahmenbedingungen umgesetzt werden. Eine Herausforderung, die auch nicht kleiner wird, ist der Fachkräftemangel.

Gerald Mennen: Dem stimme ich zu. Dennoch dürfen die Inhalte der pädagogischen Arbeit sowie die Qualität nicht darunter leiden. Darüber hinaus noch Räume zu finden, um Standards inhaltlich zu halten oder zu optimieren – ich denke, das wäre für mich die größte Herausforderung.

Manfred Schmidt: Man besinnt sich heutzutage mehr auf die Kernaufgaben und geht achtsamer mit finanziellen Mitteln um – oftmals, weil die Refinanzierungen oder Fördergelder knapp sind. Damals konnten wir, wenn auch sehr vorsichtig formuliert, mehr aus dem Vollen schöpfen. Das hat sich definitiv geändert.

Luise Hartwig: Auch die Wohnungsnot für potenzielle Arbeitskräfte und vor allem junge Erwachsene, die die Hilfen zur Erziehung verlassen, wie Care Leaver, sehe ich als Herausforderung an. Und die Sicherstellung sowie der Schutz vor Gewalt in Familien und auch Institutionen. Hier müssen Zugangswege gestärkt werden.

Zur nächsten Stiftungsratssitzung Ende November werden Sie aus dem Vorstand und dem Stiftungsrat verabschiedet. Was nehmen Sie mit?

Gerald Mennen: Ich war insgesamt 37 Jahre bei Outlaw, in langer Zeit auch ehrenamtlich. Ich gehe nun mit einem guten Gefühl, einem Gefühl des Vertrauens. In der Stiftung arbeiten hochqualifizierte Menschen, die unsere Arbeit weitermachen wollen und können. Ich habe hier nicht das Gefühl, dass ich noch gebraucht werde. Und ich kann hier gut loslassen.

Manfred Schmidt: Mir liegt am Herzen, dass auch die Zukunft durch unseren Leitspruch „Wir finden den Weg. Gemeinsam“ geprägt ist. Denn nur gemeinsam – im Team – erreicht man Ziele.

Luise Hartwig: Ich gehe mit einem lachenden und einem weinenden Auge und verabschiede mich mit dem Satz „Alles hat seine Zeit“. Und das war unsere Zeit und die möchte ich nicht missen.

OUTLAW.die Stiftung und damit auch die Outlaw Kinder- und Jugendhilfe sowie zahlreiche Projekte tragen die Handschrift dieser drei engagierten Persönlichkeiten. Luise Hartwig, Gerald Mennen und Manfred Schmidt haben mit ihrer langjährigen engagierten Tätigkeit im Vorstand der Stiftung viel bewegt und für Outlaw auf den Weg gebracht.

Dr. Remi Stork, erster Vorsitzender von OUTLAW.die Stiftung und Professor an der Fachhochschule Münster im Fachbereich Sozialwesen, bedankt sich für das langjährige Engagement und betont:

„Ich möchte Luise, Manfred und Gerald im Namen aller, die sich heute in der Stiftung engagieren, ganz herzlich danken. Das ist aus heutiger Sicht völlig unvorstellbar, dass man sich 30 bis 40 Jahre so intensiv ehrenamtlich – und zeitweilig dann auch hauptamtlich – für den Aufbau eines Trägers in der Jugendhilfe engagiert. Viele Jahre war der ehrenamtliche Vereinsvorstand nicht nur verantwortlich für den Erfolg oder auch das Scheitern von Outlaw, sondern musste sich auch um vieles selbst kümmern.

Das Schöne für die drei ist: sie konnten Outlaw wirklich mitentwickeln, mitgestalten und mitprägen. Luise hat immer die Genderfragen gestellt und neue Lösungen vorgeschlagen, Manfred hat immer aufgepasst, dass alles rechtlich passt, und Gerald war auf hoher See immer dabei und hat Outlaw weit über die Jugendhilfe hinaus im Kontext kinderrechtlicher Organisationen bekannt gemacht. Jugendhilfe und Kinderrechte zusammen zu denken, war für Outlaw gerade in den letzten 15 Jahren ganz zentral.

Ich selbst habe Outlaw seit Ende der 1980er Jahre zunächst als Student im Blick gehabt und später als Mitarbeiter verschiedener anderer Träger immer etwas neidisch auf diesen tollen Träger geschaut. Nun war ich in den letzten drei Jahren als ehrenamtlicher Vorsitzender der Stiftung an Bord und konnte mit den Kolleg:innen, Vera Kalkhoff als Geschäftsführerin der Stiftung und dem Stiftungsrat, die Arbeit der gGmbH eine Weile begleiten. Unsere Hauptaufgabe war es, wieder einmal die Strukturen von Outlaw zu ändern und Vorstand und Stiftungsrat in der bisherigen Form abzuschaffen. Nun geht es auch für mich – wenn ich gewählt werde – im neuen Kuratorium weiter und ich freue mich auf viele spannende Jahre mit Outlaw.“

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