Kita-Bündnis NRW bei Anhörung im Landtag: Wir brauchen ein Kita-Sofortprogramm! Freie Träger legen Forderungen und Umsetzungsvorschläge auf den Tisch

Mehr Geld für die frühkindliche Bildung, mehr Unterstützung für mehr Personal, bessere Rahmenbedingungen für Ausbildung und Inklusion: Das forderte das Bündnis der freien Kita-Träger in der Anhörung am 24. September 2024 des Kinder- Jugend- und Familienausschusses im Landtag. Anlass ist ein SPD-Antrag zur Kita-Misere in NRW.

Das Kita-Bündnis NRW steht für aktuell 80 freie Kita-Träger im Land und die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) NRW. In seiner Stellungnahme, die auf Landtag NRW: Aktuelle Dokumente abrufbar ist, teilt das Bündnis die in dem Antrag getroffene Einschätzung: „Das Land kommt seiner Verantwortung, die benötigten Mittel für eine ausreichende Anzahl von Fachkräften und Kitaplätzen zur Verfügung zu stellen, nicht nach.“ – „Deshalb brauchen wir ein Kita-Sofortprogramm für alle Kinder, Familien und Kita-Fachkräfte in NRW“, sagt Fröbel-Bereichsleiter Marek Körner, der das Kita-Bündnis NRW in der Anhörung gemeinsam mit Outlaw-Geschäftsleiterin (Kita) Ute Jansen vertrat.

In fünf zentralen Punkten fordert das Bündnis die Landesregierung zum sofortigen Handeln auf und liefert die praktischen Umsetzungsvorschläge gleich mit. Demnach muss die Landesregierung NRW dringend:

1. Notwendige finanzielle Mittel und Ressourcen bereitstellen!

„Unsere wichtigste Forderung ist, dass die im KiBiz festgelegte Refinanzierungspauschale nach einer Tariferhöhung unmittelbar angepasst wird“, sagt Fröbel-Bereichsleiter Marek Körner. „Hierzu benötigen wir eine neue Tarif-Klausel, die automatisch bewirkt: Sobald Gehaltsanpassungen im Rahmen von Tarifsteigerungen erfolgen, werden sie der Kita auch refinanziert.“

Zum Hintergrund: Das existenzielle Problem der freien Kita-Träger ist der Politik hinlänglich bekannt: Zwar werden die tariflichen Lohnsteigerungen der Fachkräfte (nach 18-monatiger Durststrecke!) nun wieder bedingt refinanziert. Jedoch kommt diese Anpassung erheblich zu spät. Viele Träger konnten die Unterfinanzierung nur stemmen, indem sie alle Rücklagen verbrauchten. Auch die 100 Millionen Euro Überbrückungshilfe reichte bei weitem nicht aus: Es hätte mindestens das Vierfache gebraucht, um die freien Träger annähernd auskömmlich zu finanzieren.

2. Kita-Personal stärken und entlasten – Qualität sichern! 

Marcus Bracht, Geschäftsführer der educcare Bildungskindertagesstätten gGmbH:

„Pädagogische Qualität geht Hand in Hand mit einer soliden Personaldecke. Der Personalschlüssel in der Kita muss angehoben werden, bei gleichbleibenden Qualifikationen der Fachkräfte. Zudem müssen Kitas multiprofessionell besetzt sein, so dass trotz Fachkraftmangel die pädagogischen Fachkräfte sich auf ihre wichtigste Aufgabe konzentrieren können: Die Arbeit mit dem Kind.“

3. Personalgewinnung und -bindung verbessern, Ausbildung erleichtern! 

Ute Jansen, Outlaw-Geschäftsleiterin Kita

„Der akute Fachkräftemangel erfordert dringend gezielte Maßnahmen zur Personalgewinnung und -bindung. Es reicht nicht aus, den Quereinstieg zu erleichtern oder bereits bestehende Vorschriften anzupassen. Wir brauchen attraktive Ausbildungswege, verbesserte Arbeitsbedingungen und eine klare Perspektive für Fachkräfte. Nur durch eine umfassende Reform der Ausbildung und eine deutliche Entlastung im Arbeitsalltag können wir qualifiziertes Personal gewinnen und langfristig an unsere Kitas binden, um nachhaltig die Bildungs- und Betreuungssituation der Kinder zu verbessern.“

4. Kita als Bildungsort anerkennen und stärken!

Dr. Jürgen Reul und Annette Holtmann, Geschäftsführung Kinderzentren Kunterbunt gGmbH/Villa Luna:

„Die Kita ist nicht nur ein Ort der Betreuung, sondern ein wichtiger Bildungsraum, in dem Kinder ihre Neugier entfalten, soziale Fähigkeiten entwickeln und grundlegende Kompetenzen für ihr weiteres Leben erwerben. Es ist entscheidend, diesen Bildungsort zu stärken und die wertvolle Arbeit der Erzieherinnen und Erzieher anzuerkennen, die die Grundlage für eine erfolgreiche Bildungskarriere legen. Um Kitas als Bildungsorte zu stärken, sollten wir in die Ausbildung der Erzieher investieren, ein ansprechendes Lernumfeld schaffen und eng mit Eltern sowie anderen Bildungseinrichtungen zusammenarbeiten. Es ist wichtig, Vielfalt zu fördern und Kinder aktiv in ihren Lernprozess einzubeziehen, ein inklusives Umfeld zu schaffen sowie Medienbildung sinnvoll in den Alltag zu integrieren. Regelmäßige Evaluationen der pädagogischen Arbeit helfen dabei, die Qualität kontinuierlich zu verbessern.“

5. Inklusion wirksam gestalten, kleine Gruppen ermöglichen!

Vera Hopp, Geschäftsführerin VKJ Ruhrgebiet e.V.: „Wir leben in unseren Kitas Inklusion. Die aktuellen Rahmenbedingungen mit großen Gruppen, wenig Personal und fehlenden finanziellen Mitteln, um dem erhöhten Förderbedarf gerecht zu werden, bringen uns an den Rand der Belastbarkeit. Um alle Kinder bestmöglich betreuen zu können, müssen Gruppen verkleinert und mit mehr Personal ausgestattet werden. Wir brauchen eine finanzielle Inklusionspauschale, um den besonderen Anforderungen, die Kinder mit erhöhtem Förderbedarf haben, gerecht zu werden.

Das Verhältnis KiBiz und Eingliederungshilfe (EGH) muss umgehend auf ministerialer Ebene geklärt werden. KiBiz und EGH haben unterschiedliche Zielsetzungen. Diese können in der Praxis nicht in Abhängigkeit voneinander erbracht werden. Für mich ist das System Inklusion in der Regel-Kita aktuell und ohne künftige Inklusionsmittel gescheitert.“

Und auch Stephan Osterhage-Klingler, GEW NRW, betont:

„Die frühkindliche Bildung stellt die Weichen für die künftigen Bildungschancen unserer Kinder. Sie ist ein wesentlicher Baustein unseres Bildungssystems. Hierfür muss zum einen eine auskömmliche Finanzierung aller Träger sichergestellt werden und dazu gehört auch, dass berechtigte Tariferhöhungen zeitnah refinanziert werden. Nur so kann eine flächendeckende tarifliche Bezahlung aller Beschäftigten, die wir als Gewerkschaft von allen Trägern fordern, realisiert werden.

Außerdem muss die Qualität in den frühkindlichen Bildungseinrichtungen sichergestellt werden. Wie die letzten Studien der Bertelsmann Stiftung und von Forsa zeigen, stellt insbesondere der Personalschlüssel ein Problem dar und sorgt für enorme Belastungen der Beschäftigten in den Kitas. Es ist im Alltag oft zu wenig Zeit für die pädagogische Arbeit mit den Kindern da. Hier brauchen wir ausreichend pädagogisch geschultes Personal und hier muss dringend nachgebessert werden. Denn frühkindliche Bildung ist viel mehr als nur eine Betreuung unserer Kinder, damit die Eltern arbeiten können.“

Zum Hintergrund des Kita-Bündnis NRW: 

Um Insolvenzen abzuwenden und dem drohenden Qualitätsabbau entgegenzutreten, haben sich inzwischen 80 freie Kita-Träger gemeinsam mit der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) NRW im Kita-Bündnis NRW zusammengeschlossen. Das gemeinsame Positionspapier für ein neues Kinderbildungsgesetz (KiBiz) NRW ist auf Kita-Bündnis NRW abrufbar.

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