Ulrike Herlt (Fachbereichsleitung Kita Outlaw Dresden) und Katja Hillenbrand (Leitung Kita Rehefelder Straße) auf dem DJHT

Partizipation im Kita-Alltag: Kita Rehefelder Straße gibt Einblick auf DJHT 2025 in Leipzig

„Unsere Kita ist die beste, weil man sich hier richtig frei fühlt!“

Auf Europas größten Jugendhilfegipfel, dem Deutschen Kinder- und Jugendhilfetag (DJHT) 2025 in Leipzig gab Katja Hillenbrand, Leiterin der Outlaw-Kita Rehefelder Straße Dresden auf dem Podium des Panels "Partizipation von Kindern im KiTa-Alltag: Beispiele, Herausforderungen und notwendige Rahmenbedingungen einer partizipativen Praxis" einen Einblick in die Pieschener Kita. Die Einrichtung wurde 2020 mit dem 2. Platz beim Deutschen Kita-Preis 2020 ausgezeichnet, denn hier werden Teilhabe und Mitbestimmung aktiv gelebt.

Auf dem Panel des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und moderiert von Andreas Knoke, von der Deutsche Kinder- und Jugendstiftung (DKJS) diskutierten Vertreter:innen von Trägern, Wissenschaft, Praxis sowie der Bundes- und Landespolitik, wie die Perspektiven und Bedürfnisse von Kindern im Kita-Alltag angemessen berücksichtigt werden können und welche Rahmenbedingungen notwendig sind, um eine partizipative Umgebung zu gestalten. 

"Ich hab mich sehr über die Einladung und die Gelegenheit gefreut, darüber ins Gespräch zu kommen, weil die Partizipation so wichtig für die gesunde Entwicklung der Kinder ist. Außerdem wurde unsere Kita ja vor allem wegen der Beteiligungsmöglichkeiten und der konsequenten Umsetzung der Kinderrechte ausgezeichnet", erklärt Katja Hillenbrand und betont: "Partizipation braucht genügend Kitafachkräfte, um sie alltagsintegriert leben zu können. Deshalb wünschten wir uns, dass Politik nicht nur kurzfristig ans Sparen denkt, sondern versteht, dass jeder investierte Euro in die frühkindliche Bildung sich später doppelt und dreifach auszahlt."

Wie kann Partizipation in der Praxis konkret aussehen?

Als die DKJS im Rahmen des Kita-Preises 2020 für den Filmdreh die Kita besuchte, erklärte ein Kind dem Kamerateam: „Unsere Kita ist die beste, weil man sich hier richtig frei fühlt!“ Dieses Gefühl ist Ausdruck der gelebten Teilhabe und Mitbestimmung, denn die Kinder gestalten die Räume und Angebote aktiv mit. Beispiele aus dem Alltag gibt es viele: Beim Schneewittchen-Theaterstück wird noch eine Räuberbande eingebaut, eine Dschungeltapete für die Spielecke ausgesucht oder gemeinsam entschieden, wofür Geld ausgegeben werden soll.

Die Kinder erfahren in der Kita Rehefelder Straße von Anfang an, was es heißt, mitzubestimmen: „Schon in der Eingewöhnung kann die Bezugsperson wechseln, wenn das Kind bei einer anderen Fachkraft besser ankommt. In der Krippe entscheiden die Kinder selbst, ob sie drinnen oder draußen spielen wollen“, beschreibt Katja Hillenbrand.

Was braucht es, um so eine partizipative Umgebung zu schaffen?
„Unverzichtbar ist ein Rahmen, der Spielraum für Entscheidungen lässt und, wo immer möglich, sich von der Uhr als Taktgeber zu befreien“, erklärt Katja Hillenbrand. Das setzt ein gegenseitiges Vertrauen unter den Fachkräften voraus: „Das Wissen, dass es in Ordnung ist, wenn ich mich mit wenigen Kindern auf dem Sofa zurückziehe, um ein Bilderbuch zu betrachten – und das Zutrauen, dass der andere den Kreativraum gut im Blick hat, wenn ich selbst dort nicht bin“, erklärt die Kita-Leiterin.

Für das Team bedeutet das, die eigene Arbeit zu reflektieren und gemeinsam weiterzuentwickeln: „Das tut auch mal weh, aber bringt uns immer voran und stärkt das Vertrauen. Partizipation gilt auch für das Team, denn nur wenn wir es leben, kann es auch mit den Kindern gelebt werden.“

Wo hört Partizipation für Kinder dann auf? Wieviel Grenzen und Regeln sind notwendig?
„Viele unserer Eltern suchen ganz bewusst unsere Kita mit ihrem partizipativen Ansatz aus, denn sie wünschen sich, dass ihr Kind mit seinen Bedürfnissen ernst genommen wird“, erklärt Katja Hillenbrand.

Aber die große Entscheidungsfreiheit und Mitbestimmung der Kinder kann bei den Eltern auch Fragen aufwerfen – zum Beispiel, wenn ihr Kind entschieden hat, mittags wach zu bleiben oder nichts zu essen. Katja Hillenbrand verrät, wie das Team die Eltern in solchen Momenten gut abholt: „Am besten helfen eine vertrauensvolle Beziehung von Anfang an, Aufklärung und intensive Gespräche über die Sorgen: Woher kommen sie, sind sie berechtigt, was brauchen das Kind und die Eltern, um sich wohlzufühlen und welche Handlungsmöglichkeiten hat die Kita?“

Was bewirkt die gelebte Partizipation in der Kita?
Was es mit Kindern macht, wenn sie sich einbringen und mitbestimmen können, sehen Hillenbrand und ihr Team jeden Tag: „Wir erleben die Kinder als frei, offen, mutig und ungezwungen. Sie sind selbstbewusst und fühlen sich sicher. Das merkt man daran, wie sie sich im Haus bewegen – es ist ihr Haus und sie fordern sich auch Entscheidungen ein. Sie können sich gut selbst einschätzen und sind sehr selbstständig.“

Vom partizipativen Ansatz profitieren aber nicht nur die Kinder. Hillenbrand ergänzt: „Angebote, ja der gesamte Kita-Alltag läuft viel entspannter ab, wenn die Kinder beteiligt werden. Wir haben viel mehr Zeit für Beziehungspflege, weil wir nicht ständig durchsetzen müssen, dass die Kinder das machen, was wir von ihnen wollen. Gegenseitiges Vertrauen und Zutrauen schaffen eine fröhliche Kita-Atmosphäre, in der sich alle wohlfühlen können. So hält man als Team auch anstrengendere Zeiten besser durch.“

Das Interview führte die DKJS und veröffentlichte es auf der Website der Stiftung.

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