Verpatzter Start ins neue Kita-Jahr: Am 1. August wird leider nichts gut! Kita-Bündnis NRW fordert Lösungen von Landespolitik.
Ein neues Kita-Jahr beginnt – die Krise bleibt: Auch wenn die im KiBiz festgelegte reguläre Anpassung der so genannten „Kindpauschale“ zum 1. August endlich kommt, bleibt die Lage der freien Kita-Träger in NRW sehr ernst. Denn die Landesregierung hält eisern am Irrglauben fest, dass damit alles gut und der Kita-Kollaps vom Tisch sei. Dem widersprechen die Akteure aus dem Kita-Bündnis NRW vehement.
„Die Lage bleibt dramatisch. Die finanziellen Schwierigkeiten sorgen für Arbeitsverdichtung und eine stärkere Belastung unserer Mitarbeitenden. Die Statistiken zu Krankheitstagen und der Ausfall von Betreuungszeiten sprechen eine eindeutige Sprache. Wir brauchen mehr Personal und bessere Ausbildungsbedingungen", betont Susanne Wolff, Geschäftsführerin der Outlaw gGmbH.
Zwar sind mit der Steigerung der Pauschalen zum 1. August 2024 – erstmals seit 18 Monaten – die tariflichen Lohnsteigerungen wieder bedingt refinanziert. Jedoch konnten die meisten Träger die Durststrecke nur stemmen, indem sie etwaige Rücklagen (sofern noch vorhanden) verbrauchten, und zwar inklusive der Rücklagen für die Instandhaltung.
Weitere Probleme seien mit Löhnen, die weiterhin nicht in vollem Umfang refinanziert werden, sowie weiteren Lohnsteigerungen im neuen Kita-Jahr bereits absehbar, sagt Vera Hopp, Geschäftsführerin VKJ (Verein für Kinder- und Jugendarbeit in sozialen Brennpunkten Ruhrgebiet e. V.): „Im Ergebnis können wir wichtige Instandhaltungsarbeiten, zum Beispiel bei Wirtschaftsküchen oder in der Arbeitssicherheit, nicht umsetzen. Es drohen Gruppenschließungen und/oder der Wegfall der frischen Küche in unseren Kitas.“ An Investitionen in den Kitas sei schon gar nicht mehr zu denken.
Es werde sieben, wenn nicht sogar zehn Jahre dauern, bis die Träger die Rücklagen wieder aufgebaut haben, bringt Vera Hopp das Problem auf den Punkt. Währenddessen seien weder die reguläre Erhöhung der Pauschale noch der viel gerühmte Rettungsschirm eine substanzielle finanzielle Entlastung.
„Deshalb fordern wir als Kita-Bündnis NRW: Es muss dringend mehr Geld ins frühkindliche Bildungssystem!“
In einem gemeinsamen Brief haben sich die sechs größten Träger im Bündnis deshalb an die Fraktionen des Landtags gewandt, die Wichtigkeit der Trägervielfalt betont und die Politikerinnen und Politiker zur Solidarität mit den Familien im Land aufgefordert. Kern des Schreibens sind ihre vier wichtigsten Forderungen für ein novelliertes KiBiz in NRW:
1. Notwendige finanzielle Mittel und Ressourcen bereitstellen!
2. Kita-Personal stärken bzw. entlasten!
3. Personalgewinnung und Ausbildung erleichtern!
4. Kita als Bildungsort anerkennen und stärken!
Hier gehts zum vollständigen Positionspapier vom Kita-Bündnis NRW.
„Es scheint, als ob die Verantwortlichen in der Politik mit der Anpassung der Finanzierung zum 1. August die Kita Krise erledigt sehen. Dem ist mitnichten so. Der Bereich Kita bleibt instabil und unterfinanziert. Ministerpräsident und Ministerin müssen erhebliche finanzielle Mittel bereitstellen und Strukturen deutlich reformieren, um ihre Versprechen einzuhalten", so Marcus Bracht, Geschäftsführer der educcare Bildungskindertagesstätten gGmbH.
„Wir erwarten, dass die Landespolitikerinnen und -politiker sich ihrer Verantwortung bewusstwerden und endlich Wege aus der Kita-Krise anbieten. Unser Papier bietet eine solide Grundlage. Wir Mitglieder des Kita-Bündnis NRW stehen mit unserer Expertise und Praxiseinblicken jederzeit bereit", betont Marek Körner, Bereichsleiter West, Fröbel Bildung und Erziehung gGmbH.
„Die Stimmung vor Ort ist explosiv: Verzweifelte Eltern, überlastete Fachkräfte und Kinder, denen nicht die frühkindliche Bildung zukommt, die sie benötigen. Unsere Kitas wollen so viel mehr bieten als ‚nur‘ Betreuung. Es geht um eine gute frühe Bildung, die ihren Namen verdient", erklärt Jürgen Reul und Annette Holtmann, Geschäftsführung Kinderzentren Kunterbunt gGmbH/Villa Luna.
„Frühkindliche Bildung ist eine der wichtigen Säulen unseres Bildungssystems. Hier werden die Grundlagen für die gesamte spätere Bildungslaufbahn unserer Kinder gelegt, deshalb ist es fahrlässig, hier weiter zu sparen! Wir erwarten von der Landesregierung endlich eine angemessene Anpassung des Kinderbildungsgesetzes, die dafür sorgt, dass die Anzahl der zu betreuenden Kinder pro Fachkraft auf ein angemessenes Maß reduziert wird und dass durch eine zeitnahe Anpassung der Refinanzierung alle Träger in der Lage sind, ihre Beschäftigten nach Tarif zu bezahlen. Außerdem müssen sich die Ausbildungsmöglichkeiten dringend verbessern. Dazu gehört z. B. die Bezahlung bereits in der schulischen Phase. Das alles sind wichtige Elemente, um frühkindliche Bildung in unserem Land zustärken. Unsere Kinder müssen uns dies wert sein", betont Stephan Osterhage-Klingler, GEW NRW.
Zum Hintergrund: Um Insolvenzen abzuwenden und dem drohenden Qualitätsabbau entgegenzutreten, haben sich inzwischen mehr als 70 freie Kita-Träger gemeinsam mit der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) NRW im Kita-Bündnis NRW zusammengeschlossen.
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