Freiwilliges Soziales Jahr: „Wir brauchen das Engagement der jungen Menschen im Kita-Alltag“

Der Bund will die Mittel für Freiwilligendienste ab 2024 drastisch kürzen – allein um bis zu 78 Millionen Euro im Jahr 2024. Dabei sind Jugendliche und junge Erwachsene, die freiwillig in sozialen, ökologischen oder kulturellen Projekten arbeiten, eine wichtige Unterstützung für die Einsatzstellen. So auch in unseren Berliner Kitas: Junge Menschen sammeln hier erste wertvolle Erfahrungen im pädagogischen Bereich und entscheiden sich bestenfalls danach für eine entsprechende Ausbildung. Gerade mit Blick auf den anhaltenden Fachkräftemangel ist das Freiwillige Soziale Jahr eine wichtige Station, um junge Menschen für Berufe im Sozialen Bereich zu begeistern.

Unterstützung und Bereicherung im Kita-Alltag

Auch Dorothée Langosch, Leiterin der Berliner Kitas Wundtstraße und Kaiser-Friedrich-Straße, kritisiert die Einsparpläne und betont: „Wir brauchen das Engagement der jungen Menschen im Kita-Alltag. Gerade in der aktuell angespannten Personalsituation sind sie eine Entlastung für die pädagogischen Fachkräfte – eben eine Hand mehr!“ Gleichzeitig sind die FSJler:innen eine Bereicherung für das Team: „Die jungen Menschen haben oft einen ganz anderen Umgang mit den Kindern und bringen frische Ideen mit. Das hilft auch, manchmal über den eigenen Tellerrand zu schauen. Und natürlich spielen Jugendliche ganz anders mit Kindern. Egal ob toben, verstecken, kicken – sie sind beliebte Spielpartner:innen.“

Natürlich ersetzen FSJler:innen keine Erzieher:innen und haben deshalb auch keine festgelegten Aufgabengebiete. In der Berliner Kita Wundtstraße unterstützen die jungen Menschen zum Beispiel vor allem im Krippenbereich: Sie empfangen die Kids, begleiten die Mahlzeiten und ganz wichtig – sie helfen beim An- und Ausziehen. „Wer schon einmal die Herbst- oder Winter-Kleidung zum Spielen im Garten angezogen hat, der weiß, was ich meine“, lacht Dorothée Langosch und ergänzt: „Sie unterstützen auch die Aufsicht auf dem Außengelände, begleiten unsere Gruppen zu Ausflügen und probieren sich bei der Einschlafbegleitung. Alles natürlich immer unter Anleitung und Aufsicht.“

Erfahrungen sammeln, sich ausprobieren und Kompetenzen erwerben

Die erfahrene Kita-Leiterin hat schon viele FSJler:innen begleitet und weiß, dass die jungen Menschen im Freiwilligen Sozialen Jahr wichtige Erfahrungen sammeln, sich ausprobieren können und Kompetenzen erwerben. „Toll ist dann, wenn sie sich danach für den Erzieher:innen-Beruf entscheiden – auch in unserer Kita Wundtstraße hat sich ein FSJler direkt für eine Ausbildung entschieden und arbeitet heute in einer Kita – toll!“

Vielleicht klappt das auch bei Fiene, die derzeit ihr FSJ in der Kita Wundtstraße absolviert. „Ich hab mich für das FSJ entscheiden, weil ich mich dafür interessiere, neue Sachen auszuprobieren und sehr neugierig war, wie die Arbeit in einer Kita läuft“, beschreibt die 19-Jährige und erklärt: „Ich spiele mit den Kindern, beobachte wie sie sich in verschiedenen Situationen verhalten, mache Sport-Angebote und begleite die Kinder beim Schlafen.“ Die FSJlerin hat auch bereits wichtige Erfahrungen gesammelt: „Die Kinder schauen sich viele Sachen von den Erwachsenen ab – und auch ich habe eine Art Vorbildfunktion und achte darauf. Und ich habe gemerkt, wie wichtig Teamarbeit und Kommunikation in einer Kita sind – ohne das läuft es nicht.“

In der Kita Kaiser-Friedrich-Straße in Charlottenburg beendet Dominik bald sein Freiwilliges Soziales Jahr und hat für sich persönlich schon wichtige Erkenntnisse gesammelt: „Ich habe gemerkt, dass ich später definitiv mit Menschen arbeiten möchte. Ich hab viel über die pädagogische Arbeit gelernt und vor allem auch, wie man gut im Team zusammenarbeitet“, berichtet der FSJler. Genau das wollte er auch herausfinden in seinem persönlichen Überbrückungsjahr: Wo liegen meine Stärken und Schwächen, was möchte ich danach machen? „Mir hat vor allem gefallen, die Kinder so intensiv im Kita-Alltag zu begleiten und ihre Entwicklung zu beobachten. Klar habe ich auch Betten gemacht, Tische eingedeckt und beim Anziehen geholfen – gerade die abwechslungsreichen Aufgaben fand ich toll.“

Einsparungen: Bis zu 30.000 Stellen könnten unbesetzt bleiben

So wie Fiene und Domenik engagieren sich deutschlandweit derzeit laut Bundesfamilienministerium rund 90.000 Jugendliche und junge Erwachsene freiwillig. Der Paritätische Wohlfahrtsverband errechnet, dass durch die geplanten Kürzungen bundesweit bis zu 30.000 jungen Menschen fehlen könnten, die sich gesellschaftlich engagieren. In Zahlen: 2024 sollen 78 Millionen Euro, 2025 sogar 113 Millionen Euro eingespart werden. Zum Vergleich: 2023 wurde der Freiwilligendienst mit 329 Millionen Euro gefördert.

Eine Petition gegen die Kürzungen haben bereits mehr als 100.000 Menschen unterschrieben. Voraussichtlich im September wird es eine Anhörung im Petitionsausschuss des Bundestages geben. Im gleichen Monat beginnen auch die Haushaltsdebatten, in denen es um die Kürzungen gehen wird.

Zurück