Was kann Jugendhilfe leisten? Filmpremiere „Systemsprenger“ mit Podiumsdiskussion in Osnabrück

Bis auf den letzten Platz ist das Osnabrücker Cinema-Arthouse ausverkauft bei der Vorpremiere des Filmes Systemsprenger am 19. September. Die Zuschauer*innen tauchen ein in die Lebenswelt der 9-jährigen Benni auf der Suche nach Zugehörigkeit, Bindung und einem sicheren Zuhause und bekommen einen Einblick in die Schwierigkeiten, mit denen in der Jugendhilfe tätige Pädagog*innen täglich konfrontiert sind.

Der Film wirft die Frage auf, was Jugendhilfe leisten kann und wo die Grenzen sind und drückt ganz klar aus: Je jünger Kinder sind, umso mehr sind sie angewiesen auf sichere Bindungen, Verlässlichkeit, Angenommen sein. Werden diese Bedürfnisse nicht befriedigt, kommt es im Fall systemherausfordernder Kinder zu meist selbstgefährdenden Bewältigungsstrategien.

In der anschließenden Podiumsdiskussion kommen die Zuschauer*innen mit Wolfgang Ruthemeier, Fachdienstleiter des Jugendamtes Osnabrück, Produzentin Frauke Kolbmüller, sowie Gabi Gaschina von der Outlaw gGmbH und Martin Laumann-Stening von BEWO als Vertreter*innen des neuen Bündnisses für Systemsprenger in Osnabrück, ins Gespräch.

„Die Kinder, die das System `Jugendhilfe´ herausfordern zeigen uns, dass sie andere, individuelle Lösungen brauchen. Wir als Jugendhilfeträger sind immer wieder gefragt, mit viel Kreativität, Flexibilität, Geduld und einer annehmenden Haltung auf diese Kinder einzugehen“, so Gabi Gaschina. „Um das leisten zu können, braucht es sehr engagierte Pädagog*innen, die gute Rahmenbedingungen für ihre Arbeit benötigen, denn diese Arbeit ist sehr belastend. Es braucht Sicherheit, Supervision, eine starke Leitung im Hintergrund und mehrere Pädagog*innen, die zusammenarbeiten um gemeinsam ein `Aushalten´ zu ermöglichen.“

„Wir müssen neue, kreative Wege gehen“, ist auch Martin Laumann-Stening überzeugt. „Wir haben schon erfolgreich mit der Binnenschifffahrt und mit Schaustellern zusammengearbeitet. `Auffällige´ Jugendliche konnten über die Arbeit in diesen Bereichen den Schritt in ein eigenständiges Leben meistern.“

Für junge Kinder braucht es natürlich andere Lösungen. „Je jünger die Kinder sind, umso kleiner müssen die Settings idealerweise sein. Familienanaloge Angebote sind für diese Fälle eine gute Lösung. Der Bedarf in diesem Bereich ist hoch“, so Gabi Gaschina.

Die große Herausforderung liegt in der Individualität jedes Einzelnen: Jedes Kind und jede*r Jugendliche braucht eine individuelle, passgenaue Lösung. Wenn Kinder oder Jugendliche das System herausfordern, ist das System gefragt, sich besser an deren Bedarfe und Lebenslagen anzupassen.

Seit kurzem gibt es deshalb das Osnabrücker Bündnis für Systemsprenger, ein Zusammenschluss verschiedener freier Träger, der Kinder- und Jugendpsychiatrie, der Schule für emotionale und soziale Entwicklung, der Inobhutnahme und des Jugendamtes. Neue Formen der Zusammenarbeit und die Nutzung von Synergieeffekten sollen Kindern noch individueller gerecht werden, die Haltefähigkeit stärken und gleichzeitig die Pädagog*innen entlasten.

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